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Fankongress vom 13.-15.Januar 06 in Bremen

 

Fankongress war voller Erfolg

Vom 13. bis 15. Januar trafen sich über 80 Fans aus ganz Deutschland, Österreich, Holland und England (Gastreferent Dave Boyle von der britischen Faninitiative „Supporters
Direct") im Jugendzentrum "Friese" in Bremen zum BAFF-Fankongress. Der Freitag stand ganz unter dem Motto "Kommen, sehen, begrüßen, reden, austauschen" bei einer oder manchmal auch mehreren Flaschen Bier oder Bionaden. Dazu gab es wilde Kickerspiele bis in die späte Nacht hinein und Musik vom Band.
Unter den Kongressteilnehmern waren auch einige Ultragruppierungen, vor allem aus Bremen, München und Hamburg St. Pauli.

Hier gehts zur Fotogallerie vom Fankongress

Presseberichte über den Fankongress

 

Der Samstag, 14. Januar 2006

Der Samstag begann mit einem Frühstück in der Friese. Mit einer kurzen Verspätung von 45 Minuten, die der langen Nacht am Freitag geschuldet werden musste (Die Zeit wurde aber im laufe des Tages durch Überstunden wieder ausgeglichen) konnte der Kongress dann beginnen. Nach der Begrüßung und Vorstellung der anwesenden Pressemitarbeiter (später kam noch ein Kamerateam von Radio Bremen kurz hinzu, auch wurden auf dem Kongress Aufnahmen für einen Dokumentarfilm gemacht) durften sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Runde kurz präsentieren. Im Anschluss wurden aktuelle Entwicklungen der Fanszenen eingebracht. So folgten Berichte aus München, Bremen, Frankfurt, Offenbach, Kaiserslautern, Wiener SC, St. Pauli, Roter Stern Leipzig, TEBE Berlin, Karlsruhe und allen, die ich jetzt vergessen habe. Neben positiven Entwicklungen im Hinblick auf das Einmischen von Fans in die Belange, die für sie von Bedeutung sind, wurden aber auch einige negative Vorfälle z.B. im Zusammenhang mit Polizei und Ordnungsdienst, Verein oder Rassismus aufgezeigt. Manche Fangruppen befinden sich im Umbruch, andere Versuchen, die Kräfte zu bündeln. Insgesamt konnte ein spannender Einblick in die doch ganz verschiedenen Szenen gewonnen werden.

Zu Gast beim Kongress war auch Mathias Scheurer aus Frankfurt, der den Zusammenschluss "Unsere Kurve" vertrat. Dort haben sich Fanabteilungen aus den Vereinen vor kurzem zu einem Bündnis zusammengeschlossen (wie z.b. die Fanabteilung der Eintracht Frankfurt, Supportersclub Hamburg u.a.). Es geht nicht darum, in Konkurrenz zu den bestehenden Fanorganisationen wie BAFF oder ProFans zu treten, sondern die Arbeit der einzelnen Fanabteilungen besser zu vernetzen und sich so gegenseitig auch zu stärken. Das Ziel der Fanabteilungen ist es vor allem, Fans im Verein eine starke Stimme zu verleihen und sich so aktiv in die Vereinsarbeit einzubringen.

"Im Gegensatz zu bisherigen Ansätzen anderer Faninitiativen wird aus der Mitte der in den Vereinen organisierten Fans (Idealerweise über Supporters Clubs, Fanabteilungen und Fanprojekte, die in die vereinspolitische Fanarbeit integriert sind) ein konstruktiver Dialog mit Vereinen, DFL, DFB und politischen Entscheidungsträgern rund um das Thema Fußball gesucht, um die Interessen, Vorstellungen und Ziele des aktiven Fußballfans im Stadion in den Mittelpunkt zu rücken!" (Zitat von der Homepage www.unserekurve.de) Es wurde verabredet, weiter in Kontakt zu bleiben.

Daneben stellte Michael Tröster von "Fans for Football" sein Projekt vor und ein Vertreter von Flutlicht e.V. berichtete über den Stand der geplanten Ausstellung zum Thema "Migration im Fußball", die in Bälde an den Start gehen soll.

 

Dave Boyle aus England

Im Anschluss an diese Runde wurde Dave Boyle von der britischen Faninitiative „Supporters Direct" begrüßt, der über die aktuelle Entwicklung in England berichtete. Er fand die Zustände in Deutschland verglichen mit dem Heimatland des Fußballs fast als Paradies. Der Umstand, dass in England die Vereine als Ware gehandelt werden können, ohne dass der Ursprungsverein noch eine Rolle spielt (in Deutschland muss dieser zur Zeit immer noch 51 % Beteiligt sein an einer Kapitalgesellschaft, was zumindest noch ein Mindestmass an Teilhabe über eine im Vergleich doch eher Preiswerte Mitgliedschaft erlaubt) auf die aktive Fanszene. Es gibt eigentlich keinen Einfluss auf Spielansetzungen, Termine, Preisgestaltung usw. . Hohe Eintrittspreise, der Wegfall von Stehplätzen, Fußball als Ware, die Dominanz von Chelsea als Faktor der Langeweile, Spielansetzungen, die sich nach dem Marktwert richten. Alles Dinge, die vielen Fans den Spaß am Profifußball verdorben haben. Von daher ist es vielleicht auch nicht weit zu dem Schritt, dass Fans an einigen Orten Vereine übernommen, bzw. gegründet haben, bei dem sie aktiv das Geschehen mit beeinflussen können. Beispiele hierfür sind der FC Wimbledon oder ein neuer Verein in Manchester, auch, aber nicht nur, als Protest gegen die Glazer-Übernahme vor einiger Zeit. Dave mahnte die anwesenden KongressteilnehmerInnen, Zustände wie in England in Deutschland zu verhindern. Vor allem die 51 %-Regel sei unbedingt wichtig und dafür müsse man auch notfalls gegen die EU oder andere kämpfen. Mit großem Interesse, einigen Rückfragen und Beifall wurde Dave bei seinem Vortrag bedacht.

 

Die Workshops am Nachmittag

Nach der Suppe als Mittagessen ging es in zwei Blöcken von je 90 Minuten in die Workshops und Arbeitskreise, den Schwerpunkt des Kongresses. Alle AGs hatten genug Interessenten, um durchgeführt zu werden. Hier kurz einige Aspekte, die in den AGs erarbeitet wurden.

AG Ombudsstelle

Es gab wieder Signale vom Innenministerium, dass sich hier was tut und diese auch gewollt ist. Die Gruppe stellte Konkrete Vorstellungen zusammen, wie sich die Ombudsstelle zusammensetzen soll (je ein Vertreter von Fanprojekten, Polizei und Co., Fanbündnissen, DFB und Datenschützern), wo sie angesiedelt werden soll (evtl. bei der Deutschen Sportjugend) und welche Aufgaben und Rechte sie haben kann. Wichtig sei, dass die Beteiligten sich auf klare Verfahrensregeln einigen, damit die Stelle nicht zum Papiertiger mutiert. Mehr Informationen dazu gibt es hier.

AG Rechtshilfefond

Auf dem letzten ProFans treffen wurde beschlossen, ein bundesweites Konto einzurichten, mit dessen Hilfe bei strittigen rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Fans bei Fußballveranstaltungen entsprechende Musterprozesse geführt werden können. Das Konto soll treuhänderisch verwaltet werden und die entsprechende Fälle von einem Gremium, bestehend aus 5 Vertretern der Fanszenen, ausgewählt und begleitet werden. BAFF wird in Zukunft je 2 Euro pro Mitglied im Jahr und einen Beitrag aus dem Verkauf von Produkten wie Shirts, CDs, Bücher in diesen Fond einzahlen und diesen damit finanziell unterstützen.

AG Rassismus

Die TeilnehmerInnen gaben an, dass sie das Gefühl haben, dass Rassistische und Rechte Vorfälle in der letzten Zeit zugenommen haben oder zumindest offener sich präsentierten. Vor allem im Osten (aber nicht nur dort!) und bei den Auswärtsländerspielen der Nationalmannschaft. BAFF sollte sich diesem Themenbereich wieder vermehrt annehmen, die Probleme aufzeigen aber auch eine Öffentlichkeit für Aktionen gegen Rassismus schaffen. Auch ist BAFF gerne bereit, als erfahrene Organisation in diesem Bereich, dem DFB hilfreich und beratend in der Arbeit gegen Rassismus (aber auch Sexismus, Homophobie...) zur Verfügung zu stehen.

AG Frauen und Fußball

An dieser AG, an der mehrheitlich männliche Kongressteilnehmer mit dabei waren, wurde herausgearbeitet, dass sich BAFF diesem Thema mehr annehmen muss als bisher. BAFF soll in Zukunft auf aktuelle Geschehnisse öffentlich reagieren (wie z.B., wenn Herr Blatter knappere Outfits für Fußballerinnen fordert) und andere sexistische Vorfälle rund um den Fußball. Über die Homepage soll aktuell über die Entwicklung in diesem Bereich informiert werden, entsprechende Literatur vorgestellt und inhaltliche Arbeit geleistet werden. Die Vernetzung muss weitergehen und das Thema muss ein Thema von BAFF werden und sein und nicht nur ein Thema von Frauen, die bei BAFF aktiv sind. Mehr Infos dazu hier.

BAFF und Ultras

Dieses Thema ist nicht ganz neu, aber immer wieder aktuell. Es wurde über die Unterschiedlichen Sichtweisen gesprochen aber auch, wie eine Kooperation von statten gehen kann. Zum nächsten Kongress sollen gezielt Ultragruppen, die wie BAFF sich auch aktiv gegen Rassismus einsetzen, mit eingeladen werden, um hier auf dieser gemeinsamen Ebene neue Kontakte zu knüpfen. Es wurde klargestellt, dass es sich bei BAFF, ProFans usw. nicht um Konkurrenten handelt, sondern um Zusammenschlüsse, die teilweise die gleichen Ziele formulieren, aber auch ein eigenes Profil haben.

Spielverderba 2006

In dieser AG wurde die Aktion, an der sich vor allem Gruppen aus Berlin beteiligen vorgestellt. Auch BAFF-Berlin ist hier mit dabei. Gruppen, die die WM dazu nutzen wollen, auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen ohne sich von Herrn Blatter und Herrn Beckenbauer vereinnahmen zu lassen. BAFF stellt sich hier, gerade auch den kleineren Gruppierungen, als Partner mit seinen Ressourcen zur Verfügung, z.B. in der Pressearbeit. Eine eigene Aktion von BAFF soll Prolleo und sein Kumpane, der sprechende Pilz werden. Die eigenwillige Interpretation eines Maskottchens, das die Herzen aller Fußballfans erobern wird. Wo, in welcher Form und wie es auftreten wird, ist noch geheim. Wer allerdings Lust hat, ein sehr großes Löwenkostüm zu nähen und die Masse eines Herrn W. aus B. kennt, kann sich sofort bei uns melden. Prolleo kann aber nicht nur auf der Strasse sein Unwesen treiben, sondern auch auf unserer Homepage und auch in Euren Fanzines.

AG Wissenschaftliche Arbeiten rund um Fußball, Fans und Co.

Neben den bekannten Forschungsarbeiten eines Wissenschaftlers aus dem Norden gibt es auch immer mehr wissenschaftliche Arbeiten (Diplomarbeiten usw.) die sich mit Fans auseinandersetzen. Oft auch von Fans geschrieben. BAFF wird sich bemühen, diesen Arbeiten eine zusätzliche Öffentlichkeit zu geben, um die Vielfalt aufzuzeigen. Es kann nicht sein, dass immer nur eine Sichtweise in der Öffentlichkeit oder von offizieller Seite gesehen wird. Mehr Infos dazu hier.

AG Pressearbeit

Neben einem regen Austausch, den Erwartungen im Hinblick auf die WM usw. wurde in dieser AG auch der Vorschlag gemacht, die Ressourcen besser zu nutzen. So soll es z.B. Möglich sein, dass BAFF auf seiner Homepage Artikel aus Fanzines veröffentlicht um somit ein breitgefächertes Meinungsbild zu schaffen. Viele Fanzines erarbeiten Berichte zu den Themen, die BAFF wichtig sind (Rassismus, Kommerzialisierung, Repression, Bürger- und Fanrechte, Sexismus....). Hier gilt es, sich gegenseitig zu befruchten und gezielter, gebündelter die Öffentlichkeit anzusprechen.

Wichtig sei auch, die WM und alle ihre Folgen kritisch zu begleiten und zu kommentieren, ansprechbar für die Medien zu sein (so evtl. auch Pressebericht in Englisch zu verfassen), aber auch die lokalen Medien einzubeziehen. Gruppen vor Ort können so BAFF-Presseberichte in einen lokalen Zusammenhang bringen und damit gleichzeitig, ohne viel Aufwand, für ihre Aktionen vor Ort werben.

Es wurde auch Problematisiert, dass in vielen Fällen kritische Stimmen zur WM gleich als Netzbeschmutzung angesehen werden. Die WM ist da, daran wird BAFF auch nichts ändern können. Es geht aber auch darum, die Auswirkungen und Folgen für den Alltag in den Stadien im Auge zu behalten und Fangerecht zu gestalten. Hier ist aber auch jede Gruppe vor Ort gefragt, sich aktiv einzubringen. Der BAFF-Slogan "Vier Wochen WM - ein leben lang sitzen" darf keine Wirklichkeit werden. Dazu gehören auch alle anderen Bereiche, wie RFID-Chips, Überwachung, Ausgrenzung von aktiven Fans, Repression, Eventisierung des Fußballs. BAFF soll während und vor und nach der WM dazu beitragen, Diskussionen zu versachlichen, Relationen wieder herzustellen und die Sicht von BAFF als Bestandteil der Fankultur deutlich machen und so der Hochglanzpressearbeit und unkritischen Hofberichterstattung aber auch der Hysterie und Sensationsheischenden Presse etwas entgegensetzten.

 

Der Samstagabend

Nach den ausführlichen und ergibigen Diskussionen wurde natürlich gefeiert. Wucher und seine Band weckten die müden Geister mit ihren eigenwilligen Interpretationen von Nena-Songs schnell auf und brachten die Tanzbeine in Schwung. Ob Wucher alle Angebote, mit ihm zu gehen, annehmen kann, wird die Zukunft zeigen. Vielleicht war aber alles nur geträumt und ein Luftballon flog über die BafflerInnen hinweg zu einem Leuchtturm. Wer weiß das alles schon. Nach dem Konzert gab es dann Musik aus der Dose, bzw. vom Plattenspieler, CD-Player oder vom Laptop, auf dem sich die Fußballliedersammlung eines Herrn W.Z. aus B. befand. Wattenscheid 09 erlebt doch noch auf jeden Kongress ein Revival. Nur mit Liedern eines wunderbaren Vereines aus der schönen Pfalz hat es Herr W.Z. aus B. nicht so. Dabei hat Pfälzer Liedgut doch bei manchen BAFFlerInnen beim Treffen in Hochspeyer die Herzen erobert.
Spät oder früh endete auf jedenfall irgendwann der Abend um wenigstens ein Bett gesehen zu haben, bevor es am Sonntag wieder weitergeht.

 

Der Sonntagvormittag

Nachdem die Spuren der Nacht beseitigt waren, dass Frühstück verfrühstückt wurde konnte es wieder vor doch noch recht vollem Hause losgehen. Zuerst wurden die Ergebnisse der AGs vorgestellt (s.o.) bevor Michael Gabriel, der von der KOS (Koordinierungsstelle Fanprojekte) die Fanarbeit zur WM vorstellte. Im Anschluss folgte die Mitgliederversammlung, in der der Vorstand von BAFF entlastet wurde, die Weichen für die Unterstützung des Rechtsmittelfonds gestellt wurden und Themen wie Merchendisingprodukte, Sommerkongress (wahrscheinlich erst aus Terminlichen Gründen nach der WM in Berlin), Wintertreffen und weitere notwendige Formalien geklärt wurden.

Ein Grußwort des verhinderten BAFF-Ehrenmitglieds Dieter Bott durfte auch nicht fehlen.

Danach konnte der angekündigte tränenreiche Abschied losgehen, Aufräumen der Friese beginnen und letzte Absprachen getroffen werden. Um 13.00 war es dann soweit, dass der Fankongress zu Ende ging. Bis zum Sommer in Berlin.

 

Druckbare Version Fotogallerie zum Fankongress in Bremen 06 AG Ombudstelle BAFF-Kongress Bremen 2006