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Intensive Diskussionen - viele Kontakte

So, jetzt ist auch der BAFF-Fankongress 2007 in Leipzig schon wieder vorbei. Trotz Sturm und erstem Spieltag in Liga 2 fanden sich über 80 BAFFlerInnen und eingeladene Ultra-Gruppen aus ganz Deutschland im Conne Island in Leipzig ein, um ein spannendes und intensives Wochenenden zu verleben, und dass nicht nur am Abend. Neben den Fans aus Deutschland konnten aber auch Besucher aus Österreich, Tschechien und England begrüßt werden.
Nach einem lockeren Aufgalopp am Freitagabend in der RSL-Heimstätte "Fischladen" und im gegenüberliegenden Lokal "Könich Heinz", begann der Samstag erstmal mit einem ausgiebigen Frühstück. Nachdem die Lebensgeister wieder wach waren und das Koffein seine Wirkung tat, versammelten sich die TeilnehmerInnen im Plenum. Nach einer kurzen Einführung gab es die Vorstellungsrunde und dort zeigte sich, dass doch eine große Vielfalt von Fans vor Ort war. München, Frankfurt, Kaiserslautern, Bremen, Hamburg, Leipzig, Halle, Berlin, Offenbach, Hannover, Köln, Babelsberg, Dresden, Wien, Prag waren die Orte, die zu hören waren. Teilweise aus manchen Städten auch mehr als eine Gruppe von verschiedenen Vereinen.



 

 

Nachdem die einzelnen in zwei Blöcke aufgeteilten Arbeitsgruppen von den Referenten bzw. Referentinnen vorgestellt wurden, berichtete Wilko Zicht über die Einrichtung des Fanrechtefonds. Auch BAFF unterstützt diesen mit einem finanziellen Beitrag, der auch in der Zukunft durch regelmäßige Zahlungen aus Mitgliedsbeiträgen und Erlösen aus dem Verkauf von BAFF-Produkten wie Shirts unterstützt werden soll. Der Fanrechtefonds hat das Ziel, Präzedenzfälle zu schaffen und somit mehr Rechtssicherheit für Fußballfans herzustellen. Dazu sollen Prozesse unterstützt werden, die Beispielhafte Bedeutung haben, und die dann auch bis zu einem Urteil durchgefochten werden sollen, z.B. gegen Ungerechtfertigte Stadionverbote oder andere überzogene Maßnahmen gegenüber Fans. Wilko, der auch Mitglied des Kassenrates ist, informierte darüber hinaus über die Organisationsform und die Hintergründe. Weiter Infos finden sich dazu auch unter www.fanrechte.de.

Danach Informierte Michael Gabriel, der als Vertreter der KOS am Fankongress teilnahm, über das vom DFB geplante Fanforum, dass den im Sommer stattfindenden Fankongress vorbereiten soll. Bei diesem Fanforum werden auch VertreterInnen von bundesweit tätigen Fangruppen wie BAFF, Profans oder F_in teilnehmen. Im weiteren Verlauf des Kongresses wurden dann auch über die Inhalte und Themen, die BAFF dort über seinen Delegierten einbringen möchte, diskutiert und auch grundsätzlich über das aktuelle Verhältnis zwischen BAFF und DFB/DFL. Nach Jahren des Stillstandes (von Seiten des DFB) ist jetzt zumindest wieder der Dialog aufgenommen worden. Das kommende Fanforum, bei dem die Themen und Inhalte für den Kongress festgelegt werden sollen, wird einen ersten Aufschluss darüber geben, inwieweit sich der DFB dann auch auf Themen der Fangruppen einlässt und diese in die Agenda mit aufgenommen werden. Neben den Bereichen, die sich grob unter Repression zusammenfassen lassen, ist es BAFF auch wichtig, dass zum Beispiel beim Thema Rassismus auch darüber hinaus über Homophobie und Sexismus im Fußball gesprochen wird.

Danach wurde die aktuelle Situation von FARE dargestellt und deren neue Ausrichtung im Hinblick auf Fördergelder, die sich in Zukunft vor allem auf solche Länder konzentrieren soll, die noch nicht über so ausgereifte Strukturen wie z.B. Deutschland oder England verfügen, sondern im Kampf gegen Rassismus im Fußball deutlich mehr Unterstützung und Hilfe benötigen.

 

 

Danach ging es in zwei Blöcken in die Arbeitsgruppen.

Ultras und Antirassismus

Am längsten Tagte die Gruppe, die sich mit dem Thema Ultras und Antirassismus beschäftigte. Im Vorfeld wurden einige Gruppen aus dem Ultraspektrum, die sich auch schon bisher mit diesem Thema beschäftigten, eingeladen. 9 Gruppen folgten dieser und nahmen am Kongress teil. Manche zum ersten Mal, einige waren schon alte Hasen.

Neben ausführlichen sehr unterschiedlichen Erfahrungsberichten aus den einzelnen Szenen wurde auch über eine künftige Vernetzung und weitere Zusammenarbeit gesprochen. Die Gruppen wollen per Mailingliste und persönlichen Treffen weiter die Kontakte Pflegen und Intensivieren. Auch für BAFF war es wichtig, neue Kontakte zu diesen Gruppen, die in vielen Bereichen ähnliche Ziele verfolgen, herzustellen, und so auch gegenseitig neue Impulse zu setzen. Es wurde auch deutlich, wie viel Engagement die Einzelnen Gruppierungen auch vor Ort zeigen, über den grünen Rasen hinaus, z.B. auch bei der Organisation von antirassistischen Turnieren oder anderen Veranstaltungen, die die soziale Kompetenz von Fußballfans unterstreicht und viel zu wenig auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Rassismus im Fußball

In dieser AG wurde die aktuelle Situation beleuchtet. Klar ist, dass es zurzeit nicht unbedingt mehr Rassismus im Fußball gibt, sondern das Augenmerk mancher sich gezielter darauf richtet. Vor allem der Medien. Es wurde auch betont, dass der DFB nach dem Wechsel an der Spitze hier deutlicher Akzente setzt als früher, und dies auch als Ernsthaft angesehen wird. Im Austausch zwischen den AG-TeilnehmerInnen wurde aber auch deutlich, dass es neben einigen Gruppen, die kaum Probleme vor Ort haben, nicht immer einfach ist, sich gegen Rassismus aktiv zur wehr zu setzten. Mancherorts werden den Gruppen Probleme bereitet, weil sich z.B. auch in anderen Bereichen u.a. Repression aktiv sind bzw. durch Sanktionen, die in vielen Fällen überzogen sind, behindert werden, aber auch, weil es nicht immer einfach, seine Position innerhalb der Fanszene durchzusetzen. Oft mangelt es hier auch an der Unterstützung von Seiten der Vereine, die, eigentlich auch im Sinne des DFB, froh sein müssten, dass sich Fans in diesen Bereichen aktiv zeigen. In der Gruppe wurde weiter besprochen, dass es wichtig ist, rassistische Vorfälle beim Verein zu melden und falls dieser nicht aktiv wird diese dann auch entweder direkt oder aber über BAFF/FARE an den DFB/DFL weiterzuleiten. Deutlich wurde auch eine teilweise Überforderung von Regionalverbänden mit diesem Thema. Alte Strukturen verhindern hier oft eine effektive und Zeitgemäße Auseinandersetzung mit diesem Thema. Weiter wurde betont, dass das zunehmend zu beobachtende Phänomen von Verboten aller politischer Banner und Transparenten oder Abzeichen, und somit auch derer, die sich gegen Rassismus aussprechen, zunimmt. Teilweise sehr fadenscheinig werden hier ohne zu differenzieren die Stimmen, die sich aktiv gegen Rassismus einsetzten, aus dem Stadion verbannt, was eigentlich auch eine Kontakarierung der Rote Karten Aktion des DFB ist. Und wenn solche Verbote auch mit der Begründung ausgesprochen werden, dass die eigenen Fans nicht gereizt werden sollen, dann ist dies eher ein Grund, mit diesen Fans vor Ort zu arbeiten, aber keines, um Verbote zu erlassen. Nur weil ein Problem nicht benannt wird, ist es trotzdem vorhanden. Und wenn es nicht vorhandne ist, kann sich auch keine provoziert fühlen.
Wichtig war es den TeilnehmerInnen der AG auch, dass die Vereine z.B. bei einer weiteren Teilnahme der DFL und des DFB an der FARE-Aktionswoche auch die Gruppen, die vor Ort sich mit diesem Thema beschäftigen einbezogen werden.

 

 

AG Stadionverbote

In dieser AG wurde zu Beginn durch eine Tabelle aufgezeigt, was sich in den letzten Jahren getan hat. Nachdem es ja schon einige Gespräche gab konnten die TeilnehmerInnen die Veränderungen und die eigentlichen Forderungen sehen. Es wurde nicht alles umgesetzt, aber in Ansätzen konnte eine kleine Verbesserung erreicht werden. Deutlich wurde aber auch, dass viele Vereine nicht alle ihre Optionen und Möglichkeiten ausschöpfen, die sich durch die neuen Richtlinien bieten. Wichtig wäre es, dass hier Aufklärungsarbeit betrieben wird und die Vereine, die ja das Stadionverbot aussprechen, auch ihren Ermessensspielraum ausschöpfen und nicht nur zum Beispiel Forderungen von Polizei eins zu eins umsetzen. Die Spielräume sind schon jetzt da, werden aber kaum genutzt. Sei es aus Bequemlichkeit oder auch aus Unwissenheit. Im Hinblick auf den DFB-Fankongress soll auch ein einheitliche Position gegenüber Stadionverboten und den Richtlinien gefunden werden, die zumindest nicht die auch angedachte Abschaffung vorsieht, sondern versuchen soll, die Richtlinien Fanfreundlicher und Flexibler zu gestalten. Eine geschlossene und gemeinsame Position der verschiedenen Fangruppen ist hierbei wichtig.

Frauen im Fußball

In dieser AG wurde zum einen das Projekt F_in vorgestellt, zum anderen fand ein reger Austausch unter den TeilnehmerInnen statt. Für viele Frauen fehlen die Möglichkeiten, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen im Alltag der Kurven. Dies wurde auch in dieser AG deutlich. Sich von Frau zu Frau über Fußball und Fansein zu unterhalten ist für viele ein Bedürfnis, dass leider oft in der immer noch männlich dominierten Fankultur zu kurz kommt. Es wurde vereinbart, die Vernetzung weiterzuführen und Plattformen zu bieten. Neben der F_in Mailingliste finden auch regelmäßige Treffen statt.

Moderner Fußball

Auch hier fand ein reger Austausch von den verschiedenen Blickwinkeln auf den heutigen Fußball statt, auch aus dem Ausland. Neben der Tatsache, die AG-BesucherInnen zu dem Ergebnis kamen, dass Fans eigentlich irrational handeln, wurde aber versucht herauszufinden, was einen an den Verein, die Kurve, bindet. Heraus kam, dass in vielen Fällen nicht die Spieler, der Verein, die Liga wichtig sind, sonder der soziale Kontext, in dem sich das jeweilige Fandasein abspielt. Die regelmäßigen Treffen, auch außerhalb der Spieltage, die Kontakte in der Kurve, Freundschaften, Begegnungen. Das Dasein eines Fußballfans ist also viel mehr als nur Konsument sein, sondern Teil des eigenen Lebens, der eigenen Biographie und Teil seines sozialen Handelns.

WM-Nachbetrachtung/"Neuer" Patriotismus

In dieser AG wurde zu Beginn ein Vergleich gezogen zwischen der WM 1990 und der von 2006. Seit dieser Zeit hat sich schon einiges Verändert. Während 1990 doch eher ein aggressiver, völkisch geprägter Nationalismus vorherrschte war dieser 2006 doch schon offener, nicht so verbissen und ermöglichte auch, dass z.B. ein Spieler wie Odonkor zum umjubelten Star wurde. Das neue Staatsbürgerschaftsrecht ermöglicht nun auch, dass Spieler wie Asamoah deutsche Nationalspieler werden können. Dennoch war beim so genannten "Partypatriotismus" nicht alles eitel Sonnenschein. Sobald jemand ausscherte, nicht mitmachen wollte, kein Fan der deutschen Elf war und sich sogar noch outete, obwohl er deutscher Bürger ist, konnte die Stimmung schnell umschlagen. Auch nach dem Ausscheiden gegen Italien schlug die Stimmung um und es kam zu vielen Übergriffen und Äußerungen, die nicht mehr so nett und freundlich waren. Wer es also wagte, die gute Stimmung und das so schöne schwarz-rot-goldene Fest zu stören, sei es durch Hinterfragen, nicht mitfeiern oder sogar durch einen Sieg über die Team des DFB hatte es nicht so einfach. Die Toleranz hatte also durchaus ihre Grenzen, auch wenn dies in der propagierten schwarz-rot-geil Stimmung oft nicht wahrgenommen wurde oder auch nicht wahrgenommen werden wollte.

Öffentlichkeitsarbeit

In dieser eher kleinen Gruppe wurden die Strukturen für die Pressearbeit überdacht, effektivere Arbeitsweisen vereinbart und Ideen erarbeitet, die Homepage noch aktueller und Interessanter zu machen. Daneben wurden Aufkleber sortiert und sich Gedanken gemacht, welche Slogans evtl. die neue BAFF-Shirt-Kollektion zieren soll.

 

 

Nach den AGs ging nochmals ins Plenum, bei dem es vor allem um das Fanforum, den DFB-Fankongress und um die Positionierung von BAFF gegenüber DFB/DFL ging. Eine Diskussion über die Zukunft von BAFF, die nächsten Ziele, die Ausrichtung für die Zukunft fand nicht statt, soll aber beim nächsten Kongress in Wien auf jeden Fall auf der Tagesordnung stehen.

Nach einem Abendessen im Conne Island traf man sich später dann wieder im Fischladen, um den Abend gemütlich anzugehen. Später verlagerte sich dann alles in den Club Zoro, wo drei Bands aufspielten und die TeilnehmerInnen entweder der Musik „lauschten“, sich am Tischkicker verausgabten oder weitere intensive Gespräche außerhalb führten.

 

 

Nach mehr oder weniger Schlaf fand der Kongress am Sonntag mit einem liebevoll vom Conne Island gerichteten Frühstück seine Fortsetzung. Im anschließenden Plenum wurden dann die Inhalte der AGs vorgestellt und Diskutiert. Danach stellten die Ultras aus Babelsberg ihre Aktion „Fußballfans beobachten die Polizei“ vor. Dabei geht es darum, dass bei Auswärtsfahrten Anwälte, die durch Spendeaktionen, T-Shirt-Verkauf usw. finanziert werden, die Fans begleiten und bei ungerechtfertigten oder übereifrigen Eingreifen der Ordnungsmacht aktiv werden. Die Aktion, die bisher sehr erfolgreich lief fand regen Anklang bei den TeilnehmerInnen. Wir werden auch hier auf der Seite demnächst ausführlicher darüber Berichten. Unter www.fussballfans-beobachten-polizei.de kann sich jeder über die Aktion informieren und auch mit dem Kauf eines Shirts diese unterstützten.

Zum Abschluss des Kongresses wurde noch der Termin für das kommende Sommertreffen festgelegt. Vom 22.-24. Juni 2007 findet dieses dann in Wien statt. Im Hinblick auf die Euro 2008 aber auch aufgrund den bisher häufigen Besuchen von Wien bei BAFF freuen wir uns auf einige schöne Tage an der Donau.

Am Ende blieb nur noch der Dank an die örtlichen Ausrichter, die einen tollen Rahmen für den Kongress auf die Beine gestellt hatten und der Abschied. Ein kleiner Haufen stellte sich dann noch im Fischladen den Fragen der Presse die zum Pressegespräch erschienen war. Auch während des Kongresses waren Mitarbeiter von mdr-sputnik und vom Deutschlandfunk vor Ort.

 

 

 

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Fotos aus Leipzig 2007 Hier findet ihr einige Fotos vom Fankongress in Leipzig.
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