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01.08.:Presseerklärung zu Vorfällen in München

 

BAFF - Presseerklärung zu den Fanclubausschlüssen in München und den Vorwürfen von Uli Hoeness

Das Bündnis aktiver Fußballfans BAFF ist empört über die Vorfälle aus München.
Der FC Bayern kündigt ohne konkrete Beweise drei Fanclubs mit einigen Hundert Mitgliedern die offizielle Fanclubmitgliedschaft. Das bedeutet für die betroffenen Fans keinen Erwerb von Dauerkarten und somit keinen Zugang zu den Heimspielen des FC Bayern und keine Möglichkeiten der Kartenvorbestellung z.B. Für Europapokal- und Auswärtsspiele. Auf diese Weise werden genau die Fangruppen in München ausgesperrt, die sich in der bundesweiten Fanorganisation PROFANS (ehemals PRO1530) aktiv beteiligen, für Ihre Rechte eintreten und konstruktive Vorschläge für Spielplanansetzungen, Fanbetreuung, Stadion- und Sicherheitskonzepte einbringen.
Diesen Fangruppen werden unter anderem "vereinsschädigendes Verhalten, Sachbeschädigungen, massive Drohungen gegen andere Fanklubs und gegen Bayern-Verantwortliche" vorgeworfen. Die Fanclubs selber streiten dies ab: Weder Sachbeschädigungen noch Drohungen geschweige denn Angriffe auf den Mannschaftsbus haben jemals von einem dieser Fanclubs stattgefunden. Aufgrund eines Vorfalles bei der Meisterfeier 2003, wo ein Verkehrspolizist eine „Humba“ (eine kleine Stimmungseinlage, wobei die Fans sich hinhocken um gleich darauf mit lauten Rufen wieder aufzuspringen) irrtümlich für eine „Sitzblockade“ hielt und daraufhin die Kreuzung mit Hilfe von Schlagstockeinsatz geräumt wurde, sollen jetzt drei Fanclubs des FC Bayern kollektiv bestraft werden.

Diese Form der Sippenhaft widerspricht nicht nur gängigem Rechtsempfinden sondern zeigt, auch mit welcher Willkür gegen Fans vorgegangen wird. Bei einer Meisterfeier mit Tausenden Menschen auf der Strasse und allerorts ausgelassener Stimmung sollte eine feiernde Menge nicht aufgrund von kurzzeitigen Verkehrsbehinderungen strafrechtlich belangt werden. Sollten sich dennoch einzelne strafbare Handlungen ergeben, so sind die handelnden Personen dafür haftbar zu machen. Wie das funktioniert beschreibt unser Rechtsstaat. Kollektive Sippenhaft auf einen Verdacht hin gehört nicht dazu.

In der Sportbild vom 09.07.2003 steht folgendes geschrieben:„[...] Die Frage, die aufkommt: Sind diese Fanklubs [...] rechtsradikal? Uli Hoeness: "Sie sagen nein. Aber natürlich gibt es gewisse Elemente. Ob rechts oder nicht." Hoeness sieht da plötzlich eine Bedrohung heranwachsen. [..]"
Es wird also versucht, Fans, die nicht ins Konzept passen, mit Nazimethoden zu vergleichen und somit zu diskreditieren. BAFF, als antifaschistische und antirassistische Fan-Organisation, ist entsetzt über die Art und Weise mit denen gegen Fangruppen vorgegangen wird. Auch in der Sommerpause sollte man das Thema Rechtsradikalismus nicht inflationär und missbräuchlich benutzen, nur um eigene Interessen durchzusetzen.

Es handelt sich bei den Betroffenen um Fangruppen, die über Jahre dem FC Bayern die Treue gehalten haben, egal ob in der ersten Bundesliga, bei den Amateuren oder bei der Damenauswahl. Egal ob Heim oder Auswärts, egal ob In- oder Ausland. Diese Fangruppen sind immer dabei gewesen. Neben deren Anwesenheit und der Anfeuerung der Mannschaft bei jedem Spiel sind diese Fangruppen auch hauptverantwortlich für eindrucksvolle Choreographien in der Fankurve. Eine davon, die fantastisch anzusehende Choreographie beim Champions-League Finale 2001 in Mailand, soll sogar über Uli Hoeness´ Schreibtisch hängen.

Die Vorgehensweise des FC Bayern zeigt deutlich auf, wie gegen aktive Fußballfans vorgegangen wird. Sie sind nicht erwünscht in einem Wettbewerb, der nur noch aus kommerziellen Gründen besteht und nur nach Regeln der Wirtschaftlichkeit und des maximalen Profites geleitet wird. Der gewünschte Zuschauer ist konsumfreudig, unkritisch und mit jeder Veränderung zu Gunsten der Sponsoren oder der Profitoptimierung prinzipiell einverstanden. Der Wunschzuschauer sitzt, konsumiert und denkt nicht.
BAFF legt Wert darauf, dass die Fankultur in Deutschland über Jahrzehnte gewachsen ist und für viele, zumeist junge Menschen, einen selbstgewählten Freizeit- und Lebensinhalt darstellt. Diese Fankultur ist geprägt von der Identifikation mit einem Verein und von immensem Einsatz zu dessen Gunsten. Aktive Fußballfans sind alles andere als Gewalttäter, sie haben bundesweit Kontakte untereinander und bilden eine eigene Subkultur mit vielen Freizeitaktivitäten auch außerhalb von Fußballspielen der eigenen Vereine. Diese Fans sind es, die das Erlebnis Fußball zu einem solchen machen.

Die Profivereine und die Ligaverbände gehen aber immer massiver gegen diese Fangruppen vor. Sie sind nicht nur „störend“ aufgrund des Anspruches auf günstige Stehplätze, die wesentlich profitabler als teurere Sitzplätze verkauft werden könnten, diese Fans sind laut, manchmal unangepasst und sie sind keine willigen Statisten der Sponsoren. Insofern kommt es auch zu Kritik und Protest wenn beispielsweise Vereinsfarben zugunsten des Sponsors geändert werden oder traditionelle Stadionnamen gegen einen Produktnamen ausgetauscht werden. Das eigene Erleben, den eigenen Ausdruck möchten sich Fans nicht von einer Firma bestimmen lassen. Fans bringen sich selber für Ihren Verein ein und möchten dabei als Teil dessen akzeptiert werden. Natürlich besteht Verständnis für wirtschaftliche Zwänge und Regeln des Profisports. Allerdings ist eine hohe Sensibilität vorhanden, wenn eine Vereinsidentität oder der Sport an sich unter Vorgaben der Sponsoren leiden oder untergehen. Keinerlei Verständnis besteht für eine Ausgrenzung und vielfache Repression von über jahrzehnte gewachsenen Fanstrukturen.

Im Hinblick auf die WM2006 ist dies ein immer häufiger genutztes Vorgehen um ungeliebte Fangruppen auszusperren. Wenn diese einmal als „Gewalttäter“ stigmatisiert sind, ist es ein leichtes, die Öffentlichkeit von einem präventiven Vorgehen gegen diese Gruppen zu überzeugen. Leider haben Prominente Wirtschaftsbosse, wie der Vorstand des FC Bayern, ganz andere Möglichkeiten, über Medien und Sicherheitskräfte Einfluss zu nehmen. Fans sind da von vorneherein in der Defensive und müssen sich für Tatbestände in der Öffentlichkeit rechtfertigen, die aus Verleumdungen und Fehlinformationen bestehen. Zudem müssen sich Fans daran gewöhnen, aufgrund ihrer Kleidung oder lauten Gesängen oder ihrer bloßen Anwesenheit in Polizeikessel zu geraten, die Personalien feststellen zu lassen oder willkürliches Aussprechen von bundesweiten Stadionverboten Aufgrund von reinen Verdächtigungen oder aus „präventiver Vorsorge“ hinzunehmen.
BAFF ist, wie alle im Umfeld der Bundesliga, gewohnt an der polternden und oftmals ungerechten Art und Weise in der sich Herr Hoeness provokativ und aggressiv in der Sommerpause äußert. Dieses Mal werden aber die kleinsten und ohnmächtigsten Personen angegriffen: Junge Menschen, die dadurch diffamiert und kriminalisiert werden. Anstatt dass der Sport verbindet und Freizeitmöglichkeiten schafft, wird genau das Gegenteil erreicht. Besonders perfide und heuchlerisch ist dabei der Fakt, dass die angegriffenen Fangruppen immer noch das „Salz in der Suppe“ sind wenn es um die Stimmung im Stadion geht – der Grund, sich ein Fußballspiel vor Ort anzusehen. Diese Stimmung wird vielfältig eingefangen, auf offiziellen Vereinsmagazinen und Webseiten als Werbung in eigener Sache präsentiert und vom Fernsehen in vielen Beiträgen mitgezeigt. Das ist ein nicht unerheblicher Teil des Produkts Fußball. Gute Stimmung und bunte, laute Unterstützung der Mannschaft soll zwar weiter geschehen, aber die Macher und Initiatoren werden ausgesperrt und mit Repressalien eingeschüchtert.

BAFF verwehrt sich gegen die Gleichstellung von aktiven Fußballfans und Gewalttätern und der damit verbundenen Kriminalisierung von friedlichen und selbstdefinierten Gruppen.
BAFF protestiert gegen präventive Maßnahmen gegen Fußballfans, die aus persönlichen Verdachtsmomenten einzelner Beamter resultieren.
BAFF steht für aktive Fußballfans ein und sieht das Ereignis Profifußball als ein gesellschaftliches Ereignis, welches auch aus den gewachsenen Strukturen der Fanszenen besteht. Dies zu zerstören bedeutet die Zerschlagung der Fußballkultur wie sie bekannt ist.

Druckbare Version Rechtsstaat für Fussballfans? Wie gefährliche Fans gemacht werden