BAFF-Aktion "Keine WM ohne Stehplätze"
BAFF-Aktion "Keine WM ohne Stehplätze"
Willkommen im Fußball-Land?
(dcm) Kürzlich fand in der Kölnarena am Rhein die ”offizielle” Show-Veranstaltung des DFB zur WM-Bewerbung 2006 statt. In die neuerbaute Schüssel passten glatt 10.000 Zuschauer, die dann dem Kommerzgegurke ihre Aufwartung machten. Die Öffentlichkeitswirkung eines Auftritts am Rande dieser Veranstaltung war dem Bündnis aktiver Fußballfans (BAFF) Anlass genug, vor Ort zu sein und auf die Gefahr des völligen Abbaus aller Stehplätze anlässlich der WM 2006 mit Flugblättern und Transparenten hinzuweisen.
Es fanden sich neben einem guten Dutzend Schalker auch Anhänger von Hannover 96, FC St. Pauli, MSV Duisburg und Fortuna Düsseldorf zusammen. Nach Treffen am Köln-Deutzer Bahnhof verteilte man sich im Umkreis der nahegelegenen Kölnarena, um mit Flugblättern auf die Bedrohung für den Fußball hinzuweisen. Worum es ging, lässt sich am besten anhand der Zusammenfassung auf dem Flugblatt des BAFF wiedergeben:
”4 Wochen WM: Ein Leben lang sitzen?
Fußballgroßveranstaltungen (EM+WM) sollen nach Aussage der jeweiligen Veranstalter ein Fußballfest besonders von Jugendlichen sein. Die WM in Frankreich sowie das Konzept für die EM 2000 lassen nichts von alledem erkennen. Machen wir uns nichts vor, auch bei zukünftigen Fußball-Großveranstaltungen wird der gemeine Fan draußen vor den Toren stehen. Zudem sorgen undifferenzierte und überhöhte Sicherheitsmaßnahmen, die schon im Vorfeld jeden Zuschauer zum potentiellen Gewalttäter abstempeln, für Aggression und Frust. BAFF registriert in der Fanszene eine Stimmung, dass Fußballfans nicht bereit sind, eine WM 2006 unter den oben genannten Voraussetzungen zu unterstützen. Insbesondere der Verlust von Stehplätzen in den Stadien tötet gewachsene Fan-Kultur. Die Stehplätze sind die Seele des Fußballs, ohne sie bleibt es ein Kick von 22 Kurzbehosten im Park. Wir, die Fans, machen Fußball erst zum Ereignis. Es darf nicht zum Vehikel von Funktionären, Pay-TV, Werbestrategen und nicht zuletzt von Medien und raffgierigen Geldschefflern verkommen.”
Leider hat der Charakter der Veranstaltung in vollem Umfang diese Befürchtungen bestätigt. Herren im Smoking, Damen im Abendkleid, Kinder im Bayern. oder BVB-NL-Trikot, Schickimickies allerorten beim Anmarsch zur Kölnarena. Leute, die sich vor Jahren nur schon beim Begriff Fußball vor Ekel geschüttelt hätten, frequentieren nun seelenlose Marketingveranstaltungen, in denen der Sport selbst in den Hintergrund tritt und angestammte Fans nichts zu suchen hatten. Die Großklubs der Liga mit ihren Stars spielten die Hauptrolle, und Fans traten allenfalls als Staffage bei der Städtepräsentation auf. Ebensogut hätte man auch ein paar Affen auflaufen lassen können. Auch Rudi Assauer war mit einem Kurzauftritt in der Show bei der Vorstellung des Spielorts Gelsenkirchen zugegen. In den Tagen zuvor hatte er zu einigen Maßnahmen des DFB den passenden Kommentar abgegeben, insbesondere zur unverschämten Forderung, der FC Schalke 04 habe bitteschön pro WM-Spiel in der Arena ”Auf Schalke” eine Millionen an den Veranstalter zu zahlen. In letzterer Sache machte der DFB zur Vermeiduung eines Eklats einen Rückzug, sonst wäre Rudi sicher nicht erschienen. Allerdings wirkte sein mürrisches und lustloses Erscheinen vor dem ganzen Hintergrund richtig symphatisch.
Seine Haltung machte der DFB auch deutlich, als er den Auftritt des BAFF im Umfeld der Kölnarena die Genehmigung versagte. Als mündige Bürger auf öffentlichem Feld waren wir allerdings auf eine solche Genehmigung nicht angewiesen. Wir ließen uns auch nicht durch die provokativen Äußerungen, wir hätten gefälligst die Transparente zu entfernen, die Veranstaltung sei nicht genehmigt, beeindrucken. Es wurde auf das Recht der freien Meinungsäußerung gepocht. Die Transparente wurden an mehreren Stellen, insbesondere auch am ”VIP”-Eingang, deutlich sichtbar präsentiert. Es wurden Tausende von Flugblättern verteilt, die bei den Adressaten tatsächlich auf Interesse stießen und kaum weggeworfen wurden. Die - versuchte - Unterbindungsaktion der Ordner auf Weisung des DFB zeigte aber deutlich, welchen Einfluß die Hoeneße, Calmunds, Meiers, Mayer-Vorfelders und all die anderen Protagonisten des totalen Fußballkonsums bereits beim nationalen Fußballbund innehaben. Dies lässt noch einiges an finanziellen Gewinnen, aber sicher nichts Gutes für die langfristige Zukunft des Fußballs befürchten.
Das Flugblatt
Dieser Artikel erschien im FanzineSchalke Unser, Ausgabe Nr. 24 (Dezember 1999)
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EM&WM Willkommen im Fußball-Land?
Fussball braucht Stehplätze4 Wochen WM:
Ein Leben lang sitzen?
Fussballgrossveranstaltungen (EM+WM) sollen nach Aussage der jeweiligen Veranstalter ein Fussballfest, besonders von Jugendlichen sein. Die WM in Frankreich sowie das Konzept für die EM 2000 lassen nichts von alledem erkennen.Machen wir uns nichts vor, auch bei zukünftigen Fussball-Grossveranstaltungen wird der gemeine Fan draussen vor den Toren stehen.
Zudem sorgen undifferenzierte und überhöhte Sicherheitsmassnahmen, die schon im Vorfeld jeden Zuschauer zu einem potentiellen Gewalttäter abstempeln für Aggression und Frust.
BAFF regisitriert in der Fanszene eine Stimmung, dass Fussballfans nicht bereit sind, eine WM 2006 unter den oben genannten Voraussetzungen zu unterstützen.
Insbesondere der Verlust von Stehplätzen in den Stadien tötet gewachsene Fan-Kultur. Die Stehplätze sind die Seele des Fussballs, ohne sie bleibt es ein Kick von 22 Kurzbehosten im Park.
Wir, die Fans, machen den Fussball erst zum Ereignis. Er darf nicht zum Vehikel von Funktionären, Pay-TV, Werbestrategen und nicht zuletzt von Medien und raffgierigen Geldschefflern verkommen.Von der WM 98 zur WM 2006:
Perspektiven für künftige Grossveranstaltungen
Forderungen der Fans an die WM-Organisatoren und den DFBDie Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich war aus der Sicht der Fans eine mehr als unerfreuliche Veranstaltung. Damit haben sich Prognosen von BAFF bestätigt.
Folgende Kritikpunkte sind festzuhalten:Zu keinem Zeitpunkt schien den Organisatoren daran gelegen, dass sich auch jüngere und nicht so gut verdienende Menschen eingeladen fühlen konnten, am "Fest des Fussballs" teilzunehmen. Es gab keinerlei Anstrengungen der Kommunen z.B. billige Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, geschweige denn einen Campingplatz für Fussballfans auszuweisen. Es gab keine fanspezifischen Informationen - schon gar nicht in der jeweiligen Landessprache - ganz im Gegenteil wurde man fast immer an die Touristeninformationen verwiesen, die mit diesen Anfragen seltenst zurechtkamen.
Es gab so gut wie keine Veranstaltungen für junge Leute und noch nicht mal genügend Grossbildleinwände, auf denen Fans ohne Karten wenigstens die Spiele gemeinschaftlich hätten sehen können.
Der Turniermodus an sich war schon fanfeindlich. Was sich Michel Platini als zuschauerfreundliche Version und Begegnung der Jugend der Welt am Schreibtisch ausgedacht hat, war letztlich genau das Gegenteil.
Auf die unzulängliche Kartenvergabepraxis muss hier nicht näher eingegangen werden. Jeder weiss: sie war ein Skandal. Es interessierte niemanden unter den Verantwortlichen, ob hinreichend Fans in den Besitz der Karten kommen, Hauptsache war, VIPs, Sponsoren, Funktionäre und ihre zahlreichen Begleiter wurden bedient.
Eine Provokation für alle Fussballfreunde stellte die überproportionale Verteilung von Eintrittskarten an Sponsoren dar. Wenn Fussballfans auf dem Schwarzmarkt mit Preisen im vierstelligen DM-Bereich nach den schon aufgebrachten Fahrtkosten konfrontiert und im gleichen Atemzug Karawanen von Sponsorengruppen an den frustrierten Fans vorbei in die Stadien geführt werden, zeigt dies mehr als deutlich, wo die bevorzugten Zuschauergruppen zu suchen sind.
Die Inszenierung der Spiele in und um die Stadien war ein Graus und den Zuschauern gegenüber, die in früheren Zeiten die Inszenierung der Spiele mit ihren Gesängen und Anfeuerungsrufen gestaltet haben, absolut respektlos. Man fühlte sich in keinster Weise ernst genommen, sondern verarscht.
Das Auftreten all dieser Mängel erscheint noch unverständlicher, bedenkt man die vielen guten Ansätze, die bei der Europameisterschaft 1996 in England verwirklicht wurden. Wir wissen, dass vieles geht, man muss es nur wollen.Daher fordern wir im Hinblick auf die Europameisterschaft 2000 in Belgien und Holland und eine mögliche WM 2006 in Deutschland:
WM 2006 in Deutschland nur, wenn die diesbezüglichen Stadionum- und Neubauten nicht auf Kosten der Stehplätze nach dieser Grossveranstaltung gehen. 4 Wochen WM - ein Leben lang
sitzen - nein, danke!
In die Inszenierung (Regie) der Spiele sollten Fans eingebunden sein, die sensibel auf die Atmosphäre in den Stadien reagieren können.
Fans und Fanorganisationen müssen in die Organisation der Euro eingebunden sein. Wer, wenn nicht die Fans, wissen was zu tun ist, damit wir uns im Stadion und drumherum wohlfühlen. Wir wollen als Gäste empfangen und behandelt werden, und nicht als potentielles Sicherheitsrisiko.
Wir erwarten vom Organisationskomitee und den Sicherheitsbehörden ein differenziertes und abgestuftes Vorgehen. Sicherheitsaspekte sind wichtig, dürfen jedoch nicht an erster Stelle stehen.
Die Eintrittskartenvergabepraxis muss gründlichst überdacht werden. Es muss für alle die, die unabhängig von Reiseveranstaltern zur Euro wollen die Möglichkeit geben, Karten zum aufgedruckten Preis zu kaufen.
Die Kartenpreise müssen sozial verträglich gestaltet sein.
Die Anzahl der Karten pro Verband sollte sich u.a. auch an der Zahl der Fans orientieren, die die jeweilige Nationalmannschaft voraussichtlich unterstützen werden.Die Zahl der Karten für die Sponsoren muss drastisch reduziert werden. Eigentlich gibt es keinen Grund, warum die ihre Karten nicht selbst bezahlen können.
Auf jeden Fall sollte es für diejenigen, die nicht in die Stadien können, kostenfreie Grossbildleinwände in den jeweiligen Spielorten geben, auf denen das Spiel verfolgt werden kann.
In jeder Stadt sollte es eine "Fanbotschaft" geben, wo fanspezifische Informationen auch in der jeweiligen Landessprache angeboten werden.
Bezahlbare Unterkünfte und/oder ein zentraler Campingplatz für Fussballfans im oder am jeweiligen Veranstaltungsort - gut ausgeschildert und leicht erreichbar.
In das Rahmenprogramm gehören Veranstaltungen, die sich an den Bedürfnissen von jungen Menschen orientieren, z.B. Rockkonzerte, Discos, Kontaktmöglichkeiten etc.
Der Turniermodus sollte es erlauben, längere Zeit an einem Ort bleiben zu können. Das hätte zwei Vorteile: Erstens müsste man nicht so viel von Deutschland aus organisieren und zweitens wäre es so viel einfacher, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen und auch das Land besser kennenzulernen.Diesen Aufruf unterstützen bislang... (Stand 7.3.2001)Fanzeitungen B.A.L.L. (Darmstadt), Blue Black Attack, (Saarbrücken), Blutgrätsche (Duisburg), Blaulicht (Schalke), Come Back (Düsseldorf), Der Fortuna-Specht (Düsseldorf), Der schlafende Riese (Göttingen), Der Übersteiger (St. Pauli), Dounern hald nai (Fürth), Erwin (Offenbach), In Teufels Namen (Kaiserslautern), Kick ´n Rush (Mainz), Knapp daneben (Zürich), Lila Laune (Berlin), Melk die fette Katze (S. Leipzig), Nimm mich volley (Düsseldorf), Nordkurve (Mönchengladbach), Notbremse (Hannover), Rentner, die pöbeln beissen nicht (Clarholz), RP-ILBFHP (Essen), Schalke Unser, Splitter (St. Pauli), The Boys in Blue (Schalke), Torraub (1860)
Fanclubs Blaue Löwen (1860), Blauer Stern (1860), Block 37 (Düsseldorf), Blue Spirit Tübingen (Stuttgarter Kickers), Commando 23.Mai (Hannover), de Likedeelers (St. Pauli), Derendorfer Front (Düsseldorf), Deutsch-Polnischer FC Die Euro-Fighter (Schalke), Die Breiten (Düsseldorf), Do-Theke (Göttingen), Dream-Team Mettmann (Düsseldorf), Düsseldorfer Jonnges (Schalke), EFC Schwarze Geier (Frankfurt), Fangemeinschaft Fussballfreunde (St. Pauli), Kammen Bär (Schalke), Karo-Family (St.Pauli), Katastrophen Kommando Essen-Kupferdreh (Schalke), Knabeweg (St.Pauli), Kuzorras Erben (Schalke), Löwenfront Schöngeising (1860), Mad Boyz (Leverkusen), Manchester United Supporters Club Krefeld Reds, Mono Zebras (Duisburg), Passanten (St. Pauli), Pirates from Sobrosa (St.Pauli), Red Hearts (Bayern München), Rote Engel (Düsseldorf), Rote Karte (Düsseldorf), Rothäute (Leverkusen), Rude Boys (P. Münster), Ruhrpott Junx StauPi ´89 Altenessen (Essen), Sonnenkönige ´93 (Dortmund), Spinetti Schalkonese Kohlsscheid (Schalke), St. Pauli Sups Bersrod (St.Pauli), Success Family 97 (VfB Stuttgart), Supporters (Leverkusen), The Blues (1860), Unna 1987 (Schalke), Untergiesinger Löwen (1860), Vizesupercupsieger (Hannover), West-Brigade (St. Pauli), Young Boys (Leverkusen), Young Ultras Bamberg (SpVgg Stegaurach), hirntod2,50waldschratsgehilfen (VfB Oldenburg)
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