27.01.: Tatort-Stadion in Bielefeld Eröffnet
http://www.nw-news.de/news/lokal/bi/NW_20040127_2148280003.html
Clevere Neo-Nazis beim Fußball
27.01. 2004
Ausstellung „Tatort Stadion“ in der Volkshochschule gestern eröffnet / Bis zum 20. Februar zu sehen
VON CONRAD SCHORMANN
Bielefeld. Als Arminias Amateure gegen den VfB Fichte spielten, verteilten Neonazis am Stadion Flugblätter. Danach beschimpften sie Spieler mit nicht zitierfähigen Schmährufen. Als die Internet-Seite www.tatort-bielefeld.de zur Ausstellung „Tatort Stadion“ öffnete, triefte bald braune Soße aus dem Gästebuch. In Bielefeld gibt es Rassismus im Fußball – und seit gestern eine Ausstellung darüber.
30.000 Menschen haben in 25 Städten die Ausstellung gesehen. Bielefeld ist die 26. Station einer Schau, die nach ihrer Premiere Ende 2001 in Berlin bundesweit Schlagzeilen machte. Der Deutsche Fußball-Bund hatte den Machern die Unterstützung gestrichen, weil Präsident Gerhard Meyer-Vorfelder sich verunglimpft fühlte.
Meyer-Vorfelder ist ein Mann, der öffentlich sagt, Schüler sollten alle drei Strophen des Deutschlandlieds singen, und dunkelhäutige Spieler hätten die genetisch besseren Voraussetzungen, Fußball zu spielen. Diese und ähnliche Aussagen des CDU-Politikers sind ohne Wertung dokumentiert.
„Vorbilder?“, fragt die Überschrift.
Im Nachhinein schmunzelt Gerd Dembrowski, einer der Macher vom Bündnis aktiver Fußballfans (BIFF), über die Reaktion des schwäbischen Fußball-Funktionärs und seines Verbandes. „Meyer-Vorfelder war schlecht beraten. Er hätte einfach zur Ausstellung kommen und sagen sollen, ihm sei früher die eine oder andere unpassende Bemerkung rausgerutscht.“ Stattdessen boykottierte der DFB die Ausstellung – und verschaffte ihr damit ein beachtliches Medienecho. Das BAFF hat sich vor elf Jahren gegründet und nach eigenen Angaben fast
7.000 Mitglieder. „Die Idee, eine Ausstellung oder ein Buch zu machen, hatten wir lange. Und fehlten die Mittel“, sagt Dembrowski. Erst als die EU vor drei Jahren ein paar Euros zuschoss, konnte es losgehen.
Bestandsaufnahme, Aufklärung und Prävention wollen Dembrowski und Ronald Noack mit ihrer Ausstellung bewirken. Rassismus im Stadion beginnt bei versteckten Nazi-Symbolen, etwa der 88, einem Code für „Heil Hitler“, den nur erkennt, wer darum weiß. „Die Nazis sind nicht weg, sie sind cleverer geworden“, sagt Dembrowski. Mit seinem Mitstreiter Roland Noack informiert er über solche Symbole. Beide hoffen auf die Zivilcourage derer, die die Ausstellung gesehen haben und neben denen künftig jemand im Stadion die 88 zur Schau stellt und Dummheiten grölt.
„Die Rechten sind da“, sagt Lutz Konopka vom Arminia-Fanclub „The firm“. Sie versuchten nicht, aktiv zu werben, aber sie seien präsent. Gar nicht mal auf der Alm, sondern zunehmend in unteren Ligen. Rassismus im Fußball – das ist auch Rassismus auf dem Platz unter den Spielern. Mario Ermisch, Trainer der multinationalen VfB-Fichte-Truppe könne das bestätigen. Ein lokaler Teil der Ausstellung ist Rassismus und Diskriminierung auf ostwestfälischen
Fußballplätzen gewidmet.
Gestern haben die ersten drei Schulklassen die Ausstellung besucht, weitere werden folgen. Zur Eröffnung kamen Arminia-Präsident Hans-Hermann Schwick und Finanz-Chef Roland Kentsch. Bis zum 20. Februar ist wochentags geöffnet.