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29.01.2005: VDI-Nachrichten

 

http://www.vdi-nachrichten.de/vdi_nachrichten/aktuelle_ausgabe/akt_ausg_detail.asp?source=paging&cat=1&id=20604&cp=1

Tickets für die Fußball- WM haben es in sich

Fußball-Weltmeisterschaft 2006: Technikausrüster bereiten sich auf den
großen Ansturm vor

*VDI nachrichten, Berlin/Düsseldorf/Frankfurt am Main, 28. 1. 05 - Die
FIFA Fußball-Weltmeisterschaft (WM) 2006 startet für viele Fans am 1.
Februar. Ab dann sind Bestellungen für das knappe Kartenkontingent
möglich. Die Eintrittskarten sind personalisiert und sollen damit
fälschungssicher sein. Die technischen Vorbereitungen für den
Internetverkauf und die neuen WM-Tickets mit integrierten RFID-Chips
laufen auf Hochtouren.*

Noch nie wollten so viele Menschen eine Fußball-Weltmeisterschaft sehen
- und noch nie werden wohl so viele mit ihren Kartenwünschen leer
ausgehen. Das ist das Dilemma, in dem das deutsche Organisationskomitee
(OK) beim Prozedere der Ticketvergabe steckte, erklärte
FIFA-Generalsekretär Urs Linsi in dieser Woche. Entsprechend enttäuscht
reagierten viele Fans, als sie erfuhren, wie schlecht ihre Chance auf
ein Ticket steht (s. Kasten). Herzblut-Kicker tröstet da auch die
Ankündigung von TV-Rechtevermarkter Infront und Weltfußballverband FIFA
nur wenig, Übertragungen des Ereignisses auf Großbildleinwänden vom
9. Juni bis 9. Juli 2006 zuzulassen.
Doch nicht nur die geringe Anzahl der Tickets bringt Unruhe in die
deutsche Fußballgemeinde, auch die Abwicklung des Kartenverkaufs und die
damit verbundene Speicherung von persönlichen Daten stehen in der
Kritik. Denn für eine Bestellung müssen in einem Formular nicht nur
Adresse und Passnummer, sondern auch Informationen über die Begleiter
und das Lieblingsteam preisgegeben werden. Ein RFID-Chip und der
jeweilige Besuchername auf jedem Ticket sollen dann die Einlasskontrolle
verbessern.
"Durch die personalisierten und nicht übertragbaren Karten werden
Fälschungen und Schwarzmarkthandel unterbunden und Hooligans aus den
Stadien fern gehalten", hofft der 1. OK-Vizepräsident Horst R. Schmidt.
Trotzdem schlugen einige Datenschützer in den letzten Tagen Alarm. So
befürchtet das "Bündnis Aktiver Fußball-Fans" im Zuge der WM-Partien gar
den "gläsernen Fan" und eine ständige Kontrolle der Besucher. Andere
bemängeln die mögliche Weitergabe der Daten für Marketingzwecke.
Klaus-Peter Schulenberg, CEO des verantwortlichen Ticketvermarkters CTS
Eventim, beruhigt: "Auf den Chips sind keine personenbezogenen Daten
gespeichert, sondern es befinden sich nur Zugangskontrolldaten darauf."
Für die Kontrolle werden laut Datenschutzbestimmungen der FIFA WM 2006
die notwendigen Daten aus dem Ticketsystem verschlüsselt in das
Zugangskontrollsystem des jeweiligen Stadions übertragen. Der Chip ist
dabei der Schlüssel zu den Daten und dient dem Abgleich mit den Daten
der Zugangskontrolle.Ohne manuelle Ausweisstichproben kann somit bei den
WM-Partien trotzdem niemand kontrollieren, ob die Identität des Käufers
mit der des Ticketinhabers übereinstimmt. Denn: "Es wird lediglich
überprüft, ob der Karteninhaber Zugang zum Stadion hat", erklärt
Johannes Lippert, Vice President Marketing und Sales bei Skidata. Der
österreichische Zutrittspezialist rüstet derzeit mit Siemens und VA Tech
vier deutsche WM-Stadien mit Zutrittkontrollanlagen aus. Zu weiteren
Ausrüstern anderer Stadien gehören u. a. Interflex und die Deutsche
Telekom.
Die Chips auf den WM-Tickets und in den Leseterminals kommen von Philips
Semiconductors. "Derzeit wird in mehreren WM-Stadien unsere kontaktlose
Chiptechnologie installiert", sagt Markus Luidolt, Marketing Manager
Event Ticketing Global bei Philips Semiconductors Styria.
Vor Jahren hat Philips dafür den so genannten Mifare Standard maßgeblich
geprägt. Im Kölner Stadion werden bereits kontaktlose
Mikroprozessor-High-End-Chips mit dreifacher Verschlüsselung eingesetzt.
Dabei sendet das Lesegerät ein Funksignal zum Transponder mit Chips und
Antennen, der daraufhin seinen Zahlencode an das Lesegerät übermittelt.
Der Zahlencode erlaubt den Zugriff auf eine Datenbank, die in
Sekundenschnelle nachschlägt, ob der Kartenbesitzer das Stadion betreten
darf. Solche 4-kByte-Chips "belegen" die 13,56-MHz-Frequenz, ein
"robustes Signal", so Luidolt. Sie können rein technisch nur auf eine
Distanz zum Lesegerät von 10 cm ausgelesen werden.
Für Philips-Manager Luidolt ist die neue Kölner Chiplösung denn auch
kein Hexenwerk. Beispielsweise können Fans damit nicht im Stadion
geortet oder ihr Konsum verfolgt werden.
"Es ist praktisch auch unmöglich, solche Karten zu fälschen", sagt
Luidolt. "Das ist ein sehr reifer Markt und nicht vergleichbar mit den
RFID-Chips der nächsten Generation, die derzeit für die Logistik in der
Diskussion sind." Dabei würden aktive Ultra-High-Frequency(UHF)-Chips
eingesetzt, die eine viel höhere Reichweite haben und bei denen
batteriebetriebene Transponder Daten an Lesegeräte funken.
Für den börsennotierten Konzert- und Ticketspezialisten CTS Eventim geht
es aber längst nicht nur um das Thema RFID. Für CEO Klaus-Peter
Schulenberg sind der Internetverkauf sowie die Verlosung die größte
Herausforderung. Schon bald soll die Software für das Losverfahren vom
TÜV zertifiziert werden.

"In unserem technischen WM-Team arbeiten 28 Leute, davon allein 10
Entwickler. Diese entwickeln das System ständig weiter", so der Bremer
Geschäftsmann. Für den zu erwartenden Käuferansturm sieht sich
Schulenberg gerüstet: "Pro Tag sind mit unserem System 10 Mio.
Bestellungen möglich, 15 000 Server stehen weltweit dafür bereit."
Fast alle Systemintegratoren und Konsortien erhoffen sich von einer
erfolgreichen technischen Aufrüstung der deutschen WM-Stadien weitere
Aufträge im Ausland. Produktmanager Udo Hofmann vom Zutritts- und
Sicherheitsunternehmen Interflex, das den alleinigen Zuschlag für das
Berliner Olympiastadion bekommen hat, ist schon einige Jahre weiter.
"Aus Südafrika haben wir schon ein Dutzend Anfragen." Aber auch auf der
Fußball-Europameisterschaft, die 2008 in Österreich und der Schweiz
ausgetragen wird, liege ein starker Fokus. Bis dahin wolle Interflex mit
CTS Eventim, der Deutschen Telekom und der Schweizer Swatch AG ein
Konsortium bilden, um künftig im Verbund die WM-Lösungen zum
Exportschlager zu machen.
NIKOLA WOHLLAIB/SIMONE ZELL

Druckbare Version RFID-Chips bei der WM 31.01.2005: FAZ, WM-Schwarzmarkt